In Göteborg angekommen legten wir neben der schwedischen Viermastbark „Viking“ an. Den Freitagabend verbrachten wir in verschiedenen Einrichtungen der Göteborger Kulturszene und endeten in der lokalen Filiale eines internationalen Burger-Unternehmens. Samstagvormittags fanden die Übergabe des Schiffes an den „neuen“ Schiffer, Sven Garzorz, sowie der Wechsel einzelner Crewmitglieder (Stefanie verließ das Walross und Tim nahm ihren Platz ein) statt.
Es wurde beschlossen am nächsten Vormittag mit Ziel Kopenhagen auszulaufen und den Samstag gemeinschaftlich in der Stadt zu verbringen. Crewmitglied Carlo fungierte nun als gut informierter Tourguide, um dem Rest der Crew die schönen Stellen der Stadt bei spätsommerlichen Temperaturen näherzubringen. Auf unserem Gang (etwa 18.000 Schritte) durch Göteborg hielten wir es unter anderem wie Goethe, der „bei der Besichtigung einer neuen Stadt einen hohen Punkt aufsuchte, um sich einen Überblick zu verschaffen“, und bestiegen den Hügel des „Skansen Kronan“ mit Blick über den Hafen und die Stadt. Im Anschluss erholten wir uns bei einem kühlen Getränk in einem Biergarten mit Dachterrasse.
Am Vormittag des 22.09.2024 legten wir in Göteborg ab und erreichten unter Motor die Mündung des Flusses „Göta älv“ und setzten Segel. Mit Wind aus Richtung Südwest fuhren wir auf der Kreuz durch das Kattegat. In den Abendstunden frischte der Wind auf und die Schiffsführung entschied sich, das Großsegel zu reffen und das Anbringen der Stagfock durchzuführen.
Im weiteren Verlauf der Nacht wurde initial versucht, bei veränderten Windverhältnissen, den Code 0 zu setzen, was jedoch aufgrund verbesserungswürdiger Fallenhygiene auf den kommenden Morgen verschoben wurde. Im Zuge dieser Manöver und um die Ruhe der Crewmitglieder auf Freiwache zu gewährleisten, wurde vonseiten des Rudergängers konsequent daran gearbeitet, die kürzesten Wellen der Welt auszusteuern.
In den frühen Morgenstunden alternierte die Windstärke in einem Maße, dass wir nun munter das Großsegel ein- und ausrefften und zurück auf die Genua wechselten. Beim kommenden Tageslicht sortierten wir nun die Fallen am Großmast und übten im Tagesverlauf bei ruhiger See Boje über Bord Manöver. Es ergab sich die Möglichkeit zur Naturbeobachtung, wobei wir eine Schule von Schweinswalen in ihren heimischen Gefilden beobachten konnten.
Aufgrund des beständig nachlassenden Windes konnten wir bei bestem Sonnenschein die Tradition des „Casinos“ wieder aufleben lassen, bei dem sich die gesamte Crew im Cockpit versammelt und einige Crewmitglieder kurz über seglerische oder akademische Themen, die sie aktuell beschäftigen, referieren. Wir begannen unser Casino nach einer allgemeinen Intonationsübung mit „Lustig segeln wir hinaus“. Für das leibliche Wohl wurde mithilfe einer Bowle bestehend aus Restalkoholbeständen + Fruchtsaft + Sprudel gesorgt, welche alsbald auf den Namen „tropical headache“ getauft wurde. Entsprechend gerüstet, hörten wir uns den detaillierten Vortrag unseres Wachführers Jonathan über Motorenkunde an.
Zum allgemeinen Verdruss ließ der Wind weiter nach, sodass wir darüber sinnierten, ob zeitweise eine vereinsinterne Umbenennung als „akademischer Motorbootverein“ nicht passender wäre. Somit liefen wir dann unter Motor am Montagabend durch den Öresund kommend in Kopenhagen ein und erreichten unseren Stellplatz in unmittelbarer Nähe des Stadtzentrums und der Oper. Dienstagvormittag übten wir fleißig An- und Ableger mit der gesamten Crew.
Am frühen Nachmittag erhielten wir eine Stadtführung des Schwagers in Spe unseres Crewmitglieds Fidelis, der aktuell in Kopenhagen lebt. Man hätte sich keinen besseren Stadtführer wünschen können. So erhielten wir einen informativen und unterhaltsamen Abriss über die wechselvolle Geschichte der Stadt sowie einen Besuch in der Kirche der deutschen evangelischen Gemeinde in Kopenhagen, in der unser „Local“ als Vikar arbeitet. Anekdotisch ist zu erwähnen, dass Teilen der Crew eine Statue im Hof der Kirche ins Auge stach, die auffallend einem aktuell „modernen“ Haarschnitt eines Barbiers aus Zürich ähnelte (beweisendes Bildmaterial gerne auf Anfrage).
Abends zurück im Hafen kamen Teile der Crew (zuvorderst zu nennen unser „Walross-Botschafter“ Carlo) ins Gespräch mit den Crewmitgliedern der neben uns liegenden Schiffe. Diese hätten verschiedener nicht sein können. Zum einen die ehrwürdige „Greif von Ueckermünde“, ein altes Pionier-Schulschiff, das nun von einem Förderverein getragen wird und mit wechselnden Crews von ca. 15 Personen Törns auf der Ostsee unternimmt. Der Bootsmann der „Greif v. U.“ ließ es sich nach unserem Besuch natürlich nicht nehmen, auch dem Walross einen Besuch abzustatten und merkte im Gespräch lakonisch an, dass es die „Greif v. U.“ noch nie westlicher als Rostock geschafft hätte. Auf der anderen Seite lag die mondäne Yacht eines Londoner Geschäftsmannes, die bei uns Assoziationen zu einem klassischen Antipoden in James-Bond-Filmen hervorrief. Dessen Skipper schickte am Abend einen Angestellten zu uns, um Gläser zu erbitten, da die Küche der Yacht bereits verschlossen war und der Kapitän seinem […] Besuch gerne ein Getränk anbieten wollte. Natürlich ließen wir es uns nicht nehmen, dem Herrn in Nöten feinste Kristallgläser eines schwedischen Einrichtungsunternehmens auszuleihen. Diese lagen am nächsten Morgen, wie vereinbart, an Deck bereit, sodass wir unsere Weiterfahrt mit einem vollständigen Inventar fortsetzen konnten.
Am Abend vor der Abreise studierten wir gewissenhaft die kommenden Wetterprognosen und machten bei erwartetem Wind aus Süden mit einer prognostizierten Windgeschwindigkeit von 20-30 Knoten das Schiff für die folgende Überfahrt seefest. Der Plan sah vor, zügig in Kiel zu sein, um einem von Süden entgegenkommenden Tiefdruckgebiet zu entgehen. Die Crew der Backbordwache führte den Ableger durch und übernahm den ersten Teil des Schlages Richtung Kiel. Im Verlauf des Tages erreichten uns einzelne Regenfelder. Der Wind blies etwas schwächer als erwartet. Wir konnten jedoch gut Fahrt machen und erreichten gegen Mittag Møns Klint, die höchste Steilküste der Ostsee. Als wir auf Höhe der Klippen waren, brach für einen Moment die Sonne durch und ließ die Mitglieder der Steuerbordwache jedwede Strapazen der vorausgehenden Tiefdruckgebiete vergessen. Zu den Klängen eines bekannten Schweizer House-DJs wurde die Steuerbordwache im Zuge dieses moralischen Höhepunktes umgetauft und firmierte von nun an unter dem Namen „Wache St. Tropez“.
Gegen Abend wehte der Wind nun achterlicher und wir halsten uns unseren Weg in Richtung Fehmarnbelt. Die Stimmung der jeweiligen Wache wurde durch mehrere Faktoren hochgehalten: einen konstant hohen Konsum an Schokolade, das faszinierende Firmament über unseren Köpfen sowie biolumineszierenden Algen im Wasser. Einzelne Crewmitglieder versuchten sich in der Entwicklung eines Trumpfspiels mit kognitiv geführtem Kartensatz, was von wechselhaftem Erfolg gekrönt war. Man wird sehen, ob es sich durchsetzen wird.
Donnerstagvormittag kamen wir in Kiel an, wobei wir die Wendemarke bei unseren Bundesgeschwistern beim ASV in Kiel setzten und sodann in der Düsternbrooker Marina mit einem routinierten Anlegemanöver unserer Steuerfreu Celli festmachten. Leider dachten wir darüber etwas zu spät an unsere Suppe, weshalb wir kulinarisch bei einem - als Reminiszenz an Opa Pehle - Nirvana von 4 verlängerten Mahlzeiten endeten. Um für etwas Regeneration zu sorgen, verbrachten wir den Abend in der Sauna.
Am nächsten Tag wurde das Schiff für die folgende Crew vorbereitet und wir beendeten die Seereise gemeinschaftlich mit einem „Captain`s Dinner“ in einem Kieler Gasthaus. Am Folgetag, Samstag den 28.09.2024 wurde das Walross an die nächste Crew mit dem „neuen“ Schiffer Richard Günsch übergeben.
Auch hier herzlichen Dank an unser Crewmitglied Fidelis Nonnenbroich für die großartigen Fotos!
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