Geschrieben von am 4. September 2024

W4 meldet sich mittlerweile von den Färöern. Wir wollen versuchen, die Ereignisse der letzten Tage chronologisch wiederzugeben.

Während des Aufenthalts auf den Westmänner-Inseln haben wir regelmäßig auf das Wetter geschielt, um das beste Passagefenster zu erhaschen. Falls man sich fragt, was der Schiffer gerade macht, stehen die Chancen nicht schlecht, dass er mit seiner Lieblingsapp LuckGrib die neuesten Wetterdaten interpretiert. Mittwochabend kam schließlich die Ansage, dass wir Donnerstag nach dem Frühstück ablegen werden.

Am nächsten Morgen gehen die Leinen los, bei 5 Bft Grundwind aus Nordwest wechseln wir noch unter Landabdeckung auf die G3 und freuen uns bereits zum Ablegen auf gute Geschwindigkeiten. Wir halsen mehrmals entlang der isländischen Südküste, mit bester Sicht auf die Gletscher und den Tagesschau-Vulkan Eyjafjallajökull. Als der Wind ein etwas nachlässt, können wir es nicht länger aushalten und setzen den Spanker. Als der Spi mit einem ersten Knall zum Stehen kommt, ist das Grinsen nicht mehr von den Gesichtern zu wischen. Vor Sonnenuntergang bergen wir ihn und gehen in die erste Nacht. Es ist kalt, aber klar, wieder sind Polarlichter und Sterne an der Tagesordnung. Die Crew kommt mit dem Seegang gut zurecht.

Nach Sonnenaufgang wird der aufziehenden Wache erneut der stehende Spanker übergeben. Die Stb-Wache bedankt sich, indem regelmäßig Topspeeds vermeldet werden. Unter Tills Fingerspitzen lassen sich 18,7 kn blitzen. Der Spaß findet ein jähes Ende, als sich der Schotschäkel bei einem Beinahe-Sonnenschuss öffnet. Wir müssen die Blase unelegant bergen. Sei's drum! Abends gibt es ein leckeres leichtes Chili und die Nachtwache hält mindestens sich selbst mit den größten Hits von Polarkreis18, Ich&Ich und Adele wach und bei Laune.

Später dreht der Wind auf Südwest. In der diesigen Morgendämmerung passieren wir die ersten Vorboten der Färöer südlich: den Leuchtturm von Mykines. Manchen wären nach dieser Nacht eher nach Mykonos zumute. Unsere gute Fahrt wird belohnt mit der bestmöglichen Strömung im Skopunarfjodur: 4,5 kn Strom setzen von achtern. Bei der letzten Halse verabschiedet sich leider ein Reffgurt. Wir nehmen das zum Anlass, bergen die Segel und gehen klar bei Rute. Die Angler sind glücklich ob der reichen Fischgründe. Der Smut beendet das Manöver beizeiten (Kühlschrankvolumen...). Yamuna fragt sich, ob das Essen wirklich reicht. Wir laufen den Hafen vom Kriegsgott Thor - Tórshavn - an. Spät morgens gehen die Leinen über. Unser bestes Etmal waren 220 nm.

Nach dem verdienten Frühstück samt Martini auf dem Schwimmsteg werden Schiff, Segel und Schlafsäcke gesäubert oder getrocknet und die Arbeitsliste der Schiffsführung angegangen. Der freundliche Hafenmeister erzählt von der dänischen Schmugglercrew, die am Vortag mit über 30 kg Drogen hochgenommen wurden. Bei der Frage, ob wir auch verdächtig wirken, winkt er lachend ab. Während Teile der Crew schrubben, hat der Smut schon das nächste Ziel im Visier: Neben uns ist ein Fischkutter eingelaufen. Von Bord werden gerupfte Sturmvögel verkauft, die sich fett gefressen haben und nicht mehr fliegen konnten. Der Smut geht mit einer Flasche Gin in die Verhandlung und erhält zwei gerupfte Flieger. Wir genießen die Annehmlichkeiten des Landlebens und erkunden die Stadt zu Fuß. Der Färöer scheint eine Liebe zum Heimwerken zu haben. Zumindest in der Hauptstadt sind die Einfamilienhäuser in tadellosem Zustand. Am Abend beglückt uns der Smut mit Pollock in Salzkruste.

Für Samstag ist der große Claus Reichardt-Gedächtnismarsch anberaumt. Unser lieber Bb hatte ein Faible für Ausflüge mit der ganzen Mannschaft. So nehmen wir alle den Bus. Die Fahrt sich zieht, weil der Busfahrer auf halber Strecke Pause macht. Nachdem wir den Insulanern durch ihre Baustellen stapfen, übernimmt der Bordbiologe die Führung. Wir bewundern Wasserfälle, Breitbandfunkstationen und Staudämme. Waren hier auch Tektonik, Erosion, Vulkanismus und Eiszeiten am Werk? An den Flussläufen finden wir statt Fisch einen ausgetretenen Fußball. Ein Glück für uns: Das Hochhalteturnier macht auch keinen Halt vor dem Straßenverkehr, dieser aber für uns. Unsere untrainierten Stelzen schmerzen noch am Folgetag. Auf dem Rückweg bewundern wir insbesondere die Schulen der Hauptstadt: hier scheint ein Volk die Bildung künftiger Generationen ernst zu nehmen.

Zurück im Hafen lernen wir einen ausgewanderten Schweizer kennen. Er hat einen 140 Jahre alten Lotsen-Kutter gekauft und rüstet diesen seit einigen Jahren für eine Atlantik-Überquerung aus. Das Schiff hat spannende Dimensionen (18 Tonnen auf 12m). Leider läuft der Mercedes-OM352 noch nicht, da kann auch Elias nichts dran ändern. Am Abend serviert der Smut uns die im Ofen gebackenen Sturmvögel. Unser Verdikt ist ein Verbot für den Smut, jemals wieder Alkohol gegen Naturalien zu tauschen: Der Vogel ist fischig!

Montag früh beginnt die Arbeitswoche und damit unsere Chance auf Reparatur des Reffgurtes. Der einzige Segelmacher der Färöer hat seine Werkstatt auf einer anderen Insel, 22km entfernt. Also bricht ein kleiner Trupp vor dem Frühstück auf, um mit dem Bus die Stunde zu fahren. Die einstündige Fahrt durch nebelige Fjorde endet im Nirgendwo, wir müssen noch einige Kilometer die Landstraße entlangwandern. Apropos: die Faröer sind Autovolk durch und durch, die Straßen sind in Schuss und dank Steuerfreiheit sieht man sehr viele Elektroautos. Den Segelmacher finden wir im Gewerbegebiet, er kann kaum Englisch, doch versteht unser Anliegen. Während er sich ans Werk macht, sichtet der mitgereiste Bordbiologe Jakob die Küstenfauna. Weil die Napfschnecken, die an den Steinen an Meeresoberfläche wachsen, so lecker aussehen, beginnen er und Anna mit dem Ernten: das wird die Basis fürs Abendessen! Nach der Reparatur trampt der Trupp mit vollen Beuteln zurück. Der erste Fahrer gibt Rezeptvorschläge, der zweite Fahrer fährt die ASVer bis zu sich nach Hause. Stolz präsentiert er seine proppevolle Tiefkühltruhe und auch sein sonstiges Eigenheim. Als er die Drei dann zum Walross fährt, revanchieren wir uns mit einer Tour durch unser Reiseheim.

Für Dienstag steht der Plan, mit dem Walross weitere Fjorde der Insel zu erkunden. Mit Blick auf die weitere Reise entscheiden wir uns für ein Tagesziel auf der Südinsel Suðeroy samt Ankerspaß. Bei diesigem Wetter segeln wir unter Code 1, leider reicht die Windrichtung nicht für Spimanöver. Nach dem Segelbergen bekommen die Angler noch eine Stunde, um ihr Glück zu versuchen. Geringe Fahrt und die Möglichkeit, auch in Tiefe zu angeln, resultieren in einem Kabeljausegen. Vor Anker werden die Fische präpariert, auch das Gummiboot bauen wir noch einmal auf, um die neue Vergasermembran einzufahren.

Der Landgang zeigt ein typisches Bild örtlicher Dörfer: sehr ordentliche Einfamilienhäuser, Schafe als Haustiere, wenig Gewerbe jenseits der Fischerei und nagelneue Spielplätze. Unsere Hartgesottenen waren sogar schon baden. Nun liegen wir vor Anker, vor uns ein feines Fischcurry. Yamuna fragt sich, ob das Essen wirklich reicht. Morgen wollen wir zu Sonnenaufgang zu den Shetlands aufbrechen, bevor zwei Antizyklone sich zusammenschließen und unsere Passage blockieren. Aber hat der Maschinist sich wirklich die Klebestelle mit Bremsenreiniger gesäubert, bevor das Skopoderm-Pflaster geklebt wurde?

We'll never now. Wir melden uns von den Shetlands!

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