Geschrieben von am 27. August 2024

Man munkelt, dass auf der anstehenden Seereise zwei Vorstände auf lange Hand ihre Amtsübergabe im Nordatlantik einleiten. Vielleicht ist es auch einfach eine spektakuläre und aufregende Aktivenreise, um mit WALROSS 4 von Island nach Norwegen zu segeln. Weil Vorfreude die schönste Freude ist, haben sich alle innerliche mindestens sehr intensiv auf die Reise eingelassen. Manche sind vorher angereist, um noch für ein paar Tage Island landseitig zu erkunden. Der Altersschnitt der Crew ohne Schiffsführung beträgt 24 Jahre. Letztere besteht zum Großteil aus zwei Generationen einer uns bekannten ASV-Familie, die sich mal ganz ähnlich sind, mal unterschiedlicher nicht sein könnten.

Am Freitag reist die übrige Berliner Fraktion an. Flugwarnungen wegen Vulkanaktivität haben uns im Vorhinein nervös gemacht, aber in Island ist das wohl so normal wie bei uns Warnungen zur Havel-Wasserqualität im Sommer. Schon auf dem Weg zum Flughafen haben wir einen neuen Freund an Land gezogen, ein Berliner Musiker, der einige Jahre auf der Insel gelebt hat und uns dort das Nachtleben zeigen will. Am Zoll dann das große Zittern: haben wir die Tabelle zum Getränkeimportvolumen pro Person richtig interpretiert? Doch es gibt Entwarnung, alles ist in Ordnung.

Im Shuttlebus nach Reykjavik wird die erste Vorlesung zur Geologie der Insel gehalten: welche vier Kräfte haben Island gestaltet? Natürlich sind dies Eiszeiten, Vulkanismus, Erosion und Tektonik … Doch Lava mich nicht voll! Denn zur Stb-Seite des Busses gibt es Liveprogramm: wir passieren die Stelle aus den Nachrichten! Lava sprudelt meterhoch in die kalte Sommerluft. Die Crew checkt im Hostel mit Burggraben ein und zaubert in der Not ein Festmahl aus den dortigen Restzutaten. Die Stimmung wird kurz gesenkt durch die Bierpreise. Bei klirrender Kälte brechen wir dann zum Stadtrundgang auf, der in einem traditionellen Freiluftheißbad endet. Am 3-Meter-Turm macht natürlich der Schiffer die beste Figur.

Samstag ist Übergabe. Das Schiff liegt am Fuße des Konzerthauses. Wer nicht in die Übergabe involviert ist, bestreitet den Einkauf. Leider ist die Zufahrt zum Hafen wegen des Marathons gesperrt. Unser anfänglicher Respekt für die Läufer verfliegt: wir müssen die selbe Strecke absolvieren, jedoch mit diversen Einkaufswagen. Spätestens jetzt geben wir die Preisumrechnung auf, dann tut es nicht so weh. Gierige Blicke zieht unsere Task Force Kaltgetränke von den vielen Locals auf den Straßen auf sich, denn heute ist auch Stadtfest! Nach dem Abendessen ziehen wir los: die ganze Insel scheint auf den Straßen Reykjaviks zu sein, überall sind Bühnen und Livemusik. Bei manchen MusikerInnen fragen wir uns, ob deren Körpertemperatur anders kalibriert ist als unsere. Schließlich sind wir pünktlich zum Konzert unseres Berliner Freundes und heizen der dortigen Besucherschar ordentlich ein. Weitere tolle Auftritte füllen den Abend, die Krönung ist das nie enden wollende Feuerwerk um 23 Uhr. Wir mischen uns unters Volk, wer nicht mehr kann, huscht in die Koje.

Der Sonntagnachmittag verspricht einen günstigen Start zum ersten Ziel. Bis dahin müssen jedoch alle ToDos abgehakt werden. Also prüfen wir nach dem Rührei-Frühstück sorgfältig das Rigg, gehen offene Reparaturen an, machen Klarschiff und bestreiten letzte Einkäufe (wo gab es nochmal Tonic Water?). Es gibt Probleme mit der Stromversorgung. Nach einer Stunde schafft der Hafenelektriker es endlich, den Strom an Land anzuschalten. Mittags beginnen wir die Sicherheitseinweisung und freuen und sogleich über die einheitliche Checkliste.

Nach einer letzten Stärkung gehen dann um 17h die Leinen los! Der raume Wind bei 5 Bft schont die Crew und beschert ein belohnendes Grinsen im einen oder anderen Gesicht. Das erste Bein soll uns zu den Westmännerinseln vor der Südküste Islands bringen, gute 120 NM entfernt. Und das Panorama hilft den meisten über die Gewöhnungszeit hinweg: an der Küstenseite begleitet uns der orange glühende und rauchende Vulkan die ganze Nacht. Die ersten Wale werden gesichtet, der Halbmond leuchtet den Weg, dazu hageln Sternschnuppen hernieder und im Norden sind gegen Mitternacht Polarlichter zu sehen. Einmal alles, bitte! Als wir in Lee des Vulkans passieren, ist der schwefelige Geruch nicht zu ignorieren. In den Morgenstunden flaut es ab, da wird auch die Schleppangel präpariert. Bald schon der freudige Ruf des X: Ich hab ‘nen Biss! Freudestrahlend wird gekurbelt, was das Zeug hält. Mit der darauf folgenden bitteren Überraschung hat nur der Smut gerechnet. Als das silbern blitzende Monstrum angelandet wird, entpuppt es sich als die Nudelkelle. Die hat der Smut schelmisch in einem heimlichen Augenblick angebunden. Die Angler an Bord nehmen dies als Mahnung, in den kommenden Wochen tüchtig zu sein!

Wir erreichen die Westmännerinseln am frühen Nachmittag. Die vorgelagerte Insel mit dem einsamen Haus kennen einige schon, sie ist berühmt auf Instagram. Danke dafür. Vor der Steilküste von Ystklettur bergen wir die Segel und steuern den Hafen im Hauptort Heimaey an. Es ist ein rauer Fischerhafen, wo mit großer Infrastruktur viel Fisch verladen werden kann. Der Ort ist äquivalent charmant. Was jedoch alles kompensiert, sind die vulkanischen Hügel, die die Hafeneinfahrt flankieren, grün bewachsen und Brutstätte für viele Vögel, da strahlt unser Bordbiologe. Es gibt Probleme mit der Stromversorgung. Nach einer Stunde schafft der Hafenelektriker es endlich, den Strom an Land anzuschalten.

Nach Klarieren und ausgiebigem Brunch entscheiden wir uns, den Hügel Heimaklettur zu besteigen. Den steilen Pfad mit Steigleitern, schmalen Passagen, weichem Grund und Abgründen beiderseits muss man erst mal antreten wollen. Wer den Aufstieg antritt, wird mit einem atemberaubendem Rundumblick und etlichen putzigen Papageientauchern belohnt. Die Crew ist überwältigt von der Flut an wunderbaren Reizen. Bald steht Abendessen an. Wir beobachten die Wetterlage mit Blick auf ein günstiges Fenster, um zu den Faröer-Inseln aufzubrechen.

Bis dahin verbleiben wir mit heiteren und glücklichen Grüßen von Bord unseres WALROSS 4.

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