Inzwischen haben wir Sonntag, den 02.06.2024. Ausgeruht, nach einer ruhigen Fährüberfahrt von Göteborg nach Kiel, befindet sich der aktuelle Chronist in der Bahn in Preetz auf dem Weg nach Berlin. Regionalbahn - da kann ja gar nichts schief gehen.
Wir hatten mit der Sauna und der Frage um Gesteinsarten geendet.
Da die Saunist*innen die Erzählung um den Inselrundweg von Dyrön so begeistert aufgenommen hatten, entschlossen wir uns, noch eine weitere Nacht auf der Insel zu verbringen. Die hitzige Diskussion darüber wurde in einem Selbstbedienungs-Waffel-Café geführt. Bezahlt wurde im Dorfladen. Die Verkäuferin hat dann dem Postboten Bescheid gesagt, der hat dann seiner Mutter Bescheid gesagt, die hat uns dann um etwas Geduld gebeten, bis der Vater vom Postboten den Waffelteig gemacht hat. Eine bessere Atmosphäre, um das nächste Reiseziel zu diskutieren, kann es eigentlich nicht geben. Jedoch ist es da bereits Mittwochnachmittag und es wird langsam klar, dass nicht mehr alle Wünsche von allen erfüllt werden können.
„Ich will entspannt aufstehen“, „Ich will wandern und am liebsten noch ein-zwei An-/Ableger fahren“, „Ich möchte nochmal Manöver unter Spi segeln“, „Ich ‚muss‘ mich nochmal um die Ladeelektronik kümmern“, „Ich möchte in einer kleinen Bucht ankern“, „Ich möchte noch ein paar Boje-über-Bord Manöver fahren“ — oh, also schnell das Waffelcafé aufräumen und rauf aufs Wasser. Dort angekommen sehen wir dann, was passiert, wenn man übereilt den Hafen verlässt. Vorsegel zu groß, kein Ölzeug an, keine Anti-Seekrankheitsmittel, Wasser im Schiff durch halb offene Luken und die „nur mal kurz“ geöffnete Segellast. „Die kleine Welle“ hat unseren Schiffer unten in der Segellast voll erwischt.
Etwas demotiviert fahren wir nach dem Vorsegelwechsel unter realen Hochseebedingungen wieder zurück in die Schären. Hier haken wir zumindest für einige schonmal ein paar Punkte auf der Wunschliste ab. Mit Boje-über-Bord Manövern und anschließenden An-/Ablegern im Regen beenden wir den seglerischen Teil des Tages. Es ist tatsächlich noch Zeit für die Wanderung und für die Vorbereitung des Abendessens. Vor allem ist aber auch Zeit für eine kritische Besprechung des Tages und insbesondere der Vorbereitung vor der Ausfahrt aus den geschützten Schären.
Die Windbedingungen auf dem offenen Wasser waren uns durchaus bewusst, nur die Schlussfolgerungen haben wir zu spät gezogen. So ist nichts Dramatisches passiert, jedoch hätten wir einen deutlich entspannteren Segeltag haben können. Eine Lehre für uns alle und eine Dusche für den Schiffer. Damit können wir leben.
Für Donnerstag wählen wir eine wunderbare Ankerbucht etwas südlich von Marstrand aus. Für die schwierige Anfahrt suchen wir Peilungen und Landmarken heraus, so dass wir theoretisch auch ohne GPS den Weg durch das Labyrinth zwischen den Steinen finden. Sicher dort angekommen geht der Anker in den Grund, das Beiboot aufs und die Crew ins Wasser und später zumindest teilweise an Land.
So eine Insel ganz ohne Wanderwege, ohne Häuser und ohne andere Menschen hat ihren eigenen Charme.
Wir hüpfen von Felsen zu Felsen, weichen kleineren matschigen Passagen aus, erklimmen kletternd größere Felsbrocken und finden den perfekten Spot, um das ankernde Walross und die zwei Schärenkühe zu bestaunen. Zum Sonnenuntergang sitzen wir wieder im Beiboot und riechen aus der Ferne schon das köstliche Abendbuffet.
Wir genießen die Ruhe und in der Nacht entstehen folgende Zeilen:
Wer sitzt in der Naviecke,
träumt vor sich hin?
Es ist die Ankerwache,
sucht nach nem Sinn.
Es weht kein Wind,
die Peilung steht.
So sitzt sie dort,
während die Zeit nicht vergeht.
Der nächste Morgen: Kurzzeitig freuen wir uns über den Geruch frisch gebackener Brötchen, der in unsere Nase weht. Schnell jedoch wird klar, die Quelle des Geruchs ist nicht unsere Pantry, sondern die Yacht in Luv von uns. Da wir auch mit lautem Hammer-indizierten Gedonner unsere Nachbarn nicht beeindrucken können und beim Enterversuch nur unseren Bootshaken kaputt machen, entscheiden wir uns schnell dafür, doch den eigenen Ofen anzuheizen. Parallel dazu starten wir den Motor und navigieren uns wieder sicher aus der Ankerbucht, um die letzte Etappe der Seereise anzutreten - auf nach Göteborg!
Über das Innenfahrwasser durch die Schären segeln wir nach Süden, um gegen Mittag dann den Zielhafen anzulaufen. Im Göteborger Hafen Lilla Bommen angekommen, werden wir von den Linienfähren zum Gruße freundlich angehupt und mit "Good morning WALROSS" begrüßt ... was ist hier beim letzten Besuch von WALROSS 4 vorgefallen? Wir wissen es nicht und grüßen freudig zurück.
Mit geschickter Creweinteilung machen wir in Windeseile das Schiff klar für die Folgecrew.
Das abendliche Gewitter schauen wir uns während des Captain Dinners aus einem Restaurant heraus an und beendeten den Abend mit kühlen Getränken im Göteborger Nachtleben.
Am nächsten Tag reist die Folgecrew an – mit einem deutlich überhöhten Koffer-zu-Kopf-Verhältnis. Als uns klar wird, dass das Taxi nur eine menschliche Begleitung mit dem gesamten Reisegepäck beinhaltet, atmen wir auf und bereiten alles für die Übergabe vor. Während ein Teil der Crew mit dem Schiffer die Übergabe abwickelt, stöbert der zweite Teil durch die Läden in der Göteborger Innenstadt und macht Eiscafés und Falafelläden unsicher.
Nachmittags geht es dann stilecht in Richtung Fähre – mit der Fähre. Diese Seereise soll standesgemäß beendet werden! Angekommen empfängt uns ein Wirrwarr aus Eingängen, (falschen) Treppen, Gängen und Autoschlangen. Wirklich angekommen können wir einchecken, beziehen unsere Kammern und machen es uns auf dem Oberdeck gemütlich. Während im Hintergrund weitere Gewitter aufziehen, genießen wir den Ausblick und fachsimpeln über das Ablegen der Profis. Gemeinsames Fazit der Jury: Schweißen ist keine feste Verbindung!
Die Überfahrt ist entspannter, als wir es uns vorgestellt haben. Ein gutes Buffet, sehr ruhige See und überraschend gute Kojen. Ausgeruht kommen wir morgens in Kiel an und beenden unsere Seereise. Was für wunderbare gemeinsame Zeit!
Schöne Seereise ex!
P.S. Wir haben beim letzten Bericht natürlich nichts verheimlicht und glauben, das Schiff gut vorbereitet für die Saison auf den Weg nach Island übergeben zu haben.
P.P.S. Inzwischen sind wir ohne Verspätung in Berlin angekommen.
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