Keep on Rollin‘

Mittwoch, 08.06.2022

Zuerst einmal muss ich um Verzeihung bitten, dass an dieser Stelle schon seit geraumer Zeit keine Berichterstattung mehr erfolgte. Ich schiebe das mal auf das rollierende Wachsystem, wo zu jeder vollen Stunde eine „frische" Person an Deck kommt. Diese bleibt dann vier Stunden in der Wache und geht für eine Stunde in den „Standbybetrieb" – das heißt Essen, Küchendienst, Klodienst, Kloreparatur, Code1 aus dem Vorstag herauswickeln, Segelwechsel ... was halt so anfällt. Wegen des ständigen Kommens und Gehens vergehen die Wachen wie im Fluge und es bleibt nur selten Zeit zum berichten.

Es ist Mittwoch 1300. Wir sind seit 44 Stunden auf dem Wasser. Skagen haben wir vor ... ich muss ins Logbuch schauen, die Zeiten verschwimmen hier an Bord ... Skagen haben wir vor ...ok im Logbuch ist die Rundung auch nicht verbal vermerkt ... aber ich finde die Koordinaten der Rundung im Logbuch und dann auch in der Karte. Skagen haben wir also gegen 0230 vor 10 Stunden und 30 Minuten gerundet. Bereits etliche Stunden zuvor mussten wir den weitestgehend bequemen und schnellen Ritt unter Code 1 beenden und wieder auf die altbekannten „Nahezu-Anlieger" unter Genua wechseln. Dafür regnete es immer wieder in Strömen (ich hatte immer pünktlich wachfrei). Aktuell kämpfen wir uns durch Strömungskarten und Windvorhersagen für ein optimales Routing. Da wir für dieses ganze Routingszeug und für die Berichterstattung Strom brauchen, muss jetzt leider der Motor (im Leerlauf!) zum Laden der Bordbatterien angeschmissen werden. Dann hört man wenigstens den sich anbahnenden Schwachwind nicht mehr. Auf dem Kartenplotter sind einige zuvor genannte Schiffe (z.B. die AG4 aus Aachen) immer noch zu sehen. Jetzt jedoch nicht mehr neben oder hinter uns, sondern eher vor uns. Bis vor etwa einer Stunde konnten wir da noch Strecke wieder gut machen. Jetzt sieht es so aus, dass wir das in dieser Schwachwindphase wieder verlieren werden. Wir geben unser Bestes.

Zum Leben an Bord möchte ich gerne aus dem Logbuch zitieren:
0825: „Der Blick zur Karte sehr gefällt, die Frau am Steuer ist ein Held*, der neue Kurs ist wunderbar, ein kleiner Schrick geht sogar, der Schiffer sucht den Reim auf „schricken", Ergebnis ist ein stummes Nicken!"
0920: „Käsedrama abgewendet! Durch intensive geologische Untersuchungen in den Tiefen unseres Kühlschrankes konnte die noch verfügbare Käsemenge von Null auf 11 Stück Käse erhöht werden. Unsere Füße sind da noch nicht mit eingerechnet."

Inzwischen sind wieder anderthalb Stunden vergangen. Apropos „vergangen" – das Gleiche kann man vom Wind auch sagen. Die Insel Anholt haben wir hinter uns gelassen.