Geschrieben von am 19. Mai 2020

Bericht des Takelmeisters

Im Schuppen stehen keine Schiffe mehr. Prosit schwimmt. Der TM wurde ins Wasser geworfen. Klingt nach einer normalen Indienststellung? War es aber nicht.

Ich habe mir sagen lassen, die Nervosität vor der ersten Indienststellung als Takelmeister sei völlig normal: Habe ich die richtigen Lacke bestellt? Wird es genug Essen für alle geben (auch ohne Ökonomie)? Wie wird die Stimmung sein? Zuckerbrot oder Peitsche? Doch Vorfreude dominierte! Viele Aktive hatten für die kommenden drei Wochen zugesagt; ich bekam Unterstützung von allen Seiten; es versprach eine bunte und abwechslungsreiche Zeit zu werden.

Beim ersten Einkauf war das Mehl zwar bereits ausverkauft, trotzdem machten wir noch lautstark Witze über häusliche Quarantäne, als wir den Supermarkt mit mehreren Einkaufswagen voller Aufbackbrötchen, Gemüse und Konserven verließen. Das Eishausfest am 6.3. war ein voller Erfolg. Nach dem Mast-Tragen hielten die ID‘ler, was sie versprachen: ein nicht zu bändigender Haufen; Nur die wenigsten hatten schon eine Indienststellung hinter sich. Im Gegenzug konnten sie umso länger feiern - und dies ließen sie mich bereits am ersten Morgen spüren.

So begannen die Tage mit kleinen Augen, bevor man in das geschäftige Gewusel startete. Nach einiger Zeit der Einarbeitung zeigte bald jeder seine eigenen Qualitäten. Mittags gab es köstliche kulinarische Unterstützung aus der AH- und Aktivenschaft und abends Einladungen, Saunieren oder Feierei, nicht selten alles auf einmal. Dass sich jenseits unseres Aufenthaltes etwas im Land änderte, bemerkten wir, als die ersten Abendeinladungen abgesagt wurden. In Anbetracht der Umstände war dies vollkommen angemessen. Als Konsequenz der sich zuspitzenden Lage wurden die ID’ler angehalten, das Grundstück nur im nötigsten Fall zu verlassen. Im nächsten Schritt wurden schließlich alle Abendeinladungen abgesagt und der Vorstand entschied, auf dem Grundstück nur noch die Indienststellung stattfinden zu lassen. Außerdem galt: Wer ging, konnte nicht mehr in die „Indienststellungs-Quarantäne“ zurückkommen.

Einige AHAH unterstützten weiterhin durch vorgekochtes Essen, welches sie über die Grundstücksgrenze reichten. Zum Alltag gehörte es nun, Verordnungen wälzen, sich rechtlichen Beistand einzuholen und sich täglich mit den übrigen Vorstandsmitgliedern und beratenden Gremien auszutauschen. Da abzusehen war, dass diese Indienststellung nicht regulär enden würde, beschloss ich, das bereits Erreichte zu konservieren. Insbesondere der Prosit-Großmast musste fertiggestellt werden, damit er auf unabsehbare Zeit aus dem Saal heraus schauen konnte. Nach zwei Wochen schließlich war das Verbot von Vereinsleben und von nichtgewerblichen Werftarbeiten durch den Senat Anlass, die Indienststellung zu pausieren. So verließ ein Großteil der Indienststeller die Scharfe Lanke.

Ich blieb mit vier weiteren auf dem Grundstück, um aufzuräumen und letzte Arbeiten im Stillen zu tätigen. Man fand immer etwas zu tun und ehe man sich versah, war eine weitere Woche vergangen. Und wir fanden keinen Absprung. Schließlich setzten wir uns Ostern als Abreisedatum. Als die Festtage näher rückten, stellte sich ein Auflösen der Gruppe jedoch als schwierig dar: Nicht alle konnten zu ihren Familien (ins Ausland) fahren und wären allein. Wir beschlossen, das Fest gemeinsam im ASV zu bestreiten. So wurde das Casino dekoriert, Ostereier versteckt und Familien per Video dazu geholt.

In der Zwischenzeit lief das Studium wieder an: aus dem Schifferzimmer wurde das Küchenmobiliar nach den Umbauarbeiten zurückgeräumt und ein „co-working space“ eingerichtet, wie man in Berlin-Mitte zu so etwas sagt. So fand man sich bald in Digitalen Vorlesungen wieder, für Videokonferenzen ward sich ins Lesezimmer oder Vorstandszimmer zurückgezogen, gekocht wurde gemeinsam. Auch der Kontakt zum Wohnheim wurde vermehrt.

Glücklicherweise wurden nach einigen Wochen vom Senat Lockerungen zugelassen. So begannen die Winterlieger, an ihren Schiffen zu arbeiten, und auch wir setzten unter Wahrung der Abstandsregelungen einzeln die Arbeiten fort, um unsere Schiffe ins Wasser zu bringen. Hier mussten wir erkennen, dass das Arbeiten auf physischem Abstand eine ganz neue Herausforderung darstellt. Trotzdem wurden bald Prosit, Harry und Luv geslippt.

Durch weitere Lockerungen wurde nach mehrfachem Verschieben ein Krantermin am 9.5. möglich. Für die Durchführung bot es sich an, dass wir immer noch einen Haushalt bildeten, sodass das Kranen unter Maskenpflicht und mit nur wenig Verstärkung durchführbar war. Trotz Abstandsauflagen verlief das Kranen zügig und reibungslos. Und am Ende des Tages lag sogar der Prosit-Großmast auf dem Jollenparkplatz.

Nach dem Kranen haben die verbliebenen vier Indienststeller und Ich die Scharfe Lanke verlassen. Der Luv und die Alte Dame sind aufgetakelt. Unter Einsatz der Schifferkandidaten wird an diesen Wochenenden das Prosit-Rigg gestellt. So werden wir klar sein, sobald wieder mit Besatzung gesegelt werden darf. Gleiches gilt für die Kielboote und Jollen. Ich möchte mich bedanken bei allen Unterstützern, geduldigen Ratschlaggeber*innen, bei den großartigen Köchen und großzügigen Bierspender*innen. Zu guter Letzt geht mein Dank an unseren Hochverehrlichen dafür, dass er uns eine - trotz der Umstände - sichere (Quarantäne-)Herberge war. Ich freue mich auf die kommende Saison. Wir sehen uns auf dem Wasser!

Schöne ID ex. Euer Carlo

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