Geschrieben von am 6. Oktober 2019

29.08. Schottland-Inverness

Bei Regen und Wind verließen wir Inverness in Richtung Norwegen. Unseren Abstecher zu den Shetlands ließen wir ausfallen, irgendwie haben sich da zwei Zyklopen … oder so getroffen. Bei der Ausfahrt aus der Schottischen Bucht grüßte uns ein Walhai, der in wenigen Meter Abstand zu unserem Schiff majestätisch seine Kreise zog. Fast so mythisch wie der weiße Butt, dessen Jagd wir uns vorgenommen haben.

Der weiße Butt, dessen Gestalt uns nun schon seit Tagen im Traume erscheint. Er ist das Gesprächsthema in den Wachen. Nur wenige haben ihn jemals gesehen, flach wie er am Boden liegt ist er nur schwer auszumachen. Doch unsere Crew ist sich seiner schon so gut wie sicher, und so geht es bei 7 Windstärken raus aus der Bucht auf die See. Die Backboardwache macht nun erste Bekanntschaft mit ihrem nun ständig treuen Begleiter: dem Regen. Hier vor Schottland ist er noch gnädig und mild, nicht so peitschend wie jener, den die Wache später im Skagerak kennen lernen sollte, der nur mit schützender Hand vor dem Gesicht zu ertragen ist.

Es ist wie Hexerei, nur wenige Minuten nach Wachablösung eilt unser Begleiter dazu, um nach Wachende ebenfalls abzuziehen. Dieses Phänomen sollte sich bis Dänemark hinziehen und ließ ungelogen keine Wache aus. Diesem Umstand verdankt die Wache nun ihren festen Namen: die Süßwasserwache.

Zunächst dachte die Crew, die Ursache in der falschen, vom Wachführer ausgeführten Besänftigung seiner königlichen Hoheit Herrscher über alle Weltmeere gefunden zu haben. Nach Backboard goss er den Extrakt, um uns im Nachhinein als abergläubische Traditionalisten hinzustellen. Er sollte recht mit seiner Behauptung behalten, denn die logische Erklärung dieses Phänomens erreichte uns kurz vor Kopenhagen, wo unsere Reise enden sollte. Dazu aber an gegebener Stelle mehr.

Norwegen-Sognefjord

Nach wenigen Tagen Überfahrt ist Land in Sicht, und was für welches.

Die Bens in Schottland waren zwar keine Hügel mehr, aber noch lange keine Berge. Und nun sehen wir ihn, den Fjord, alt und mächtig, schicksalsträchtig. Ewig lang zieht sich der Fjord bis hinein ins Land hinfort. Und dort thronend an seinem Ende das Ewige, das überdauernde Eis. Breen. Das ist Land! Doch auch hier scheint langsam schreitend das Zeitalter der Gletscher vorüberzugehen - dieser Anblick stimmt uns alle nachdenklich. Die Letzten ihrer Art zu bewundern, Zeugen einer längst vergangenen Zeit.

Hier muss auch Er leben, der weiße Butt. Bis zu 1.000 m ist hier der Grund tief an Flachs nur 300 m hier hat er Platz, hier kann er sich verstecken. Wenn nur möglich wird die Angel ausgeworfen, aber nur kleine Pollacks werden gefangen. Der Biss lässt auf sich warten. Die Crew fordert immer ungehaltener ihren Butt und ich habe ihr diesen versprochen, erste Zweifel kommen auf.

Norwegen-Bergen

Durch die Schären tasteten wir uns immer weiter nach Süden vor, wo uns durch Busch, Moos und Heidekraut Trolle vereinzelt anblinzeln. Ihre Blicke machten uns alle sehr schläfrig, wodurch die Freiwachen viel zu oft in der Koje verbracht werden. Für mich aber steht fest, hier muss ich wieder hin.

In Bergen sollte uns dann mein persönlicher Höhepunkt erwarten. Ich lag dem Schiffer schon seit Schottland in den Ohren, in Bergen Station zu machen, und zu unserem Glück folgte er meinem Wunsch. Denn das hiesige Museum beherbergte eine Version von Munchs Bild „das Geschrei“ (es heißt wirklich „das Geschrei“; unter der Lithographie steht es von Munch auf Deutsch geschrieben).

Zu unserer Enttäuschung war das Museum geschlossen, aber wir erfuhren, dass am Abend eine Ausstellungseröffnung sei. Und was für eine! Es war eine Munch-Ausstellung. So konnten wir zwei Versionen des Geschreis bewundern, und auch die Madonna und der Vampir waren da und Melancholie, Bilder aus dem Lebensfries. Fast alle wichtigen Bilder waren versammelt.  Ich war ja schon ein wenig traurig, dass wir aufgrund der drängenden Schiffsübergabe an die Folgecrew keine Station in Oslo machen konnten (Munch-Museum und so) und nun sind fast alle wichtigen Bilder aus Oslo hier in Bergen versammelt, was für ein Geschenk.

Doch auch in Bergen keine Spur vom weißen Butt…

Anfang September - Skagerrak und Kattegat

Von Bergen ging es ins unspektakuläre Stavanger, wo wir einen Tag abwettern sollten, denn obwohl wir ohnehin schon die ganze Zeit über viel Wind hatten, war nun sehr viel Wind angesagt. Das bot den Petrijüngern die Möglichkeit, dem weißen Butt weiter nachzustellen, diesmal vom Ufer aus. Stavanger schien kein schlechter Ort, um Fische jeglicher Art zu beringen. Ein erster Versuch vom Schiff aus brachte eine größere Anzahl dorschartiger Fische ans Tageslicht, leider noch viel zu klein. Den ganzen Tag über machten sich kleine Angelboote auf, um im Schutz der vorgelagerten Insel zu angeln, und auch vom Ufer aus wurde reichlich geangelt. Doch auch hier blieb der erhoffte Erfolg aus, ein herber Rückschlag für die Letzten, die noch an einen Biss des Weißen glaubten.
Im Skagerrak ist die Jagd nach dem Butt aussichtslos. Da er sich hier hin nur selten verirrt, gaben wir die Jagd verbittert auf. Diese Runde soll an dich gehen!

Wie schon zu Beginn meines Berichtes erwähnt, sollte die Backboardwache hier nicht nur sauber, sondern reingewaschen werden. Eine doch sehr schwarze Wolke zog unsere Aufmerksamkeit voll auf sich und nach der Erfahrung der letzten Woche sollte sich darunter doch etwas mehr Wind als gewöhnlich befinden und so war uns gar nicht wohl zumute, als wir kurz unter der Wolke doch sehr viel weniger Wind vorfanden und die meisten von euch ahnen ja jetzt schon was dann kam. Natürlich sehr viel mehr Wind und ein Regen, obwohl Regen ein viel zu schwaches Wort ist, um diese Flut an Wasser zu beschreiben, die dort von oben kam. Die gesamte Wache hindurch trommelte das Wasser auf uns hinab und dann auch wieder von vorn, mit so viel Wucht, dass man nur mit vorgehaltener Hand oder Brille Ruder gehen konnte. Es war aber ein Naturspiel erster Güte, die Sichtweite wuchs mal auf wenige hundert Meter mal schrumpfte sie auf wenige zehn Meter, es war eine Wand aus Wasser. Toll! (Wir waren ja ohnehin schon durchgängig nass.) Die Steuerboardwache hat das leider nicht mitbekommen, die musste dann wieder unter klarem Himmel und Sonnenschein Ruder gehen.

Im Kattegat dann endlich die logische Erklärung: etwas war faul im Staate Dänemark. Nachdem wir jetzt schon länger als einen Tag bei Sonnenschein die schönste Segelei erfuhren, wurde es uns nun allmählich klar und vor dem Schloss Kronborg fiel es uns wie Schuppen von den Augen. Die gesamte Reise über lagen wir auf dem falschen Bug! Die gesamte Strecke bis in den Kattegat hatten wir vornehmlich auf dem Steuerbordbug zurückgelegt, und hier fuhren wir nun auf dem Backbordbug!

Der Wachführer sollte also recht behalten und mahnte uns: „Seht! Es gibt für alles eine logische Erklärung.“ Und wir mussten zugeben, dass wir doch etwas zu abergläubisch gewesen waren. So segelten wir dann bei klarem Himmel und Vollmond nach Kopenhagen hinein.

In Kopenhagen stand dann noch das große Reinemachen und der Besuch der Staatlichen Gemäldegalerie an, wo mich überraschend der Sturz der Titanen von Cornelis van Haarlem begrüßte. Ein Bild, das ich nun zum ersten Mal im Original bewundern durfte, welches mich aber schon länger begleitet. Dies aber ist eine ganz andere Geschichte, die ich euch bestimmt ein anderes Mal erzähle.

Bon Voyage !
Gomez

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