Geschrieben von am 8. Oktober 2018

Die aeolischen Inseln sind eine Gruppe von Eilanden vulkanischen Ursprunges, die nordöstlich von Sizilien gelegen ist. Um vom Golf von Neapel dorthin zu gelangen, muss man die Reise über das Thyrrenische Meer gen Süden wagen. Ein solches Unternehmen hatten wir uns für den 03.10. vorgenommen.  Gesagt, getan! Um 14 Uhr hieß es: „Leinen los!“ und unter Groß und G4 segelten wir in wohligem Sonnenschein an der Westküste Capris entlang, begleitet von Ausflugsdampfern, zur berühmten blauen Grotte der Insel.

Vorhergesagt war moderater Wind aus umlaufenden Richtungen, worüber sich alle freuten. Die Erfahrung lehrte uns allerdings, dass man nicht unbedingt auf den Wetterbericht vertrauen sollte, denn der Wind legte im Verlauf des Abends auf 6-7 Bft zu. So wurde gegen 19 Uhr das zweite Reff eingesteckt und gegen 22 Uhr auf die Stagfock gewechselt. Kleinere und größere Malheure gaben uns auf diesem unseren ersten größeren Schlag der Reise ganz gut zu arbeiten: Die Essensvorbereitung lief zu spät an, sodass der Großteil der Crew als Ortpräferenz alles hatte, nur nicht die Pantry. Ihr Übriges taten Nacht, Bewölkung, Dünung, Kämpfe mit verhakten/ausgerauschten (Achtknoten zu klein für Rollen) Schoten o.Ä. auf dem Vordeck bei überkommenden Wellen - ihr kennt das ja alle. Eindrucksvoll war auch das Wetterleuchten, was um uns herum den Himmel illuminierte, uns jedoch nicht bedrohte. Jedenfalls wurden wir von Neptun ordentlich „reingewaschen“ - und das, obwohl wir ihn am Vortag doch standesgemäß begrüßt hatten. Kompensatorisch wurden von einzelnen Crewmitgliedern die Fische gefüttert. Er wollte es ja so! Dennoch haben wir uns natürlich von den „widrigen Wogen“ (Standardterminus in so ca. jedem Text der Odyssee, der einem im Lateinunterricht unterkommt) nicht unterkriegen lassen.

Gegen 7:30 konnten wir wieder auf die G4 wechseln, gegen Nachmittag kamen die Aeolischen Inseln mit Stromboli und unserem Ziel Lipari in Sicht. Die Steuerbordwache unter Anleitung des Fischsachverständigen und Angelgroßmeisters Jan fing sogar zur allgemeinen Unterhaltung in den Morgenstunden einen kleinen Thunfisch, der abends als Antipasti zur Primi Piatti (Gnocci an Auberginen) verköstigt wurde.

Das Tagesziel sollte sich doch noch ändern, da der Hafen von Lipari durch ein sich ankündigendes Wetterchen mit Gewitter schon komplett gefüllt war, sodass wir auf Empfehlung des Hafenmeisters auf die Ankermöglichkeit im Porto di Vulcano, also zur Nachbarinsel hin, auswichen. Was soll man sagen: aller guten Dinge sind tatsächlich drei!

Eine astrein geschützte Bucht mit gutem Grund sorgte endlich für ein komplikationslos ablaufendes Ankermanöver. Das Panorama aus einerseits grotesken Felsen vor Sonnenuntergang sowie Gewitterwolken mit Regenbogen vor dem Vulkan „Vulcano“ andererseits, entlohnte alle Strapazen der Nacht. Interessant an dieser Stelle: Der Vulkan an sich wurde nach der Insel Vulcano benannt, nachdem dort durch Wissenschaftler im 18. Jahrhundert entsprechende Aktivitäten beobachtet worden waren.

Nach dem obligatorischen Ankommensschluck wurde hochmotiviert ein kleiner Ausflug zur örtlichen Dorfdisko unternommen, in der wir als Aktivencrew (ohne Schiffer) es schafften, das Durchschnittsalter zu steigern. Kurz nach Mitternacht war dieser Ausflug allerdings schon wieder vorbei, da alle doch etwas geschafft waren – kommen wohl langsam doch in die Jahre...

Nach ordnungsgemäßer OKF (Ortskontrollfahrt) im Schlauchi gab sich der männliche Zweig der Feiergemeinschaft noch einer Lustbaderei hin, welche die Damen lieber auf den nächsten Morgen verschoben. Für beide Fälle hervorzuheben ist an dieser Stelle die Güte der Heckdusche – der Wahnsinn!

Am Morgen des 05.10. wurden die örtlichen Einkaufsmöglichkeiten genutzt um einige Frühstücksessentialia nachzukaufen, damit die Energie für den Aufstieg zum Krater des Vulcano auch ja gesichert wäre. Der Gipfel ist mit 800 m zwar nicht besonders hoch, aber eine ordentliche Stärkung tut ja immer gut.

Die Bewegung des Aufstiegs tat gut und bot am Gipfel den (Ein-)Blick in den Krater und auf die Nachbarinseln Lipari und Salina, von welchen letzterer auf den beigefügten Fotos wiedergegeben wird. Auch der Abstieg unterhielt einen Großteil der Crew, die den ASV zwischen toxischen Schwefelausdünstungen selbstverständlich und mindestens unter Einsatz ihres Lebens, mit Steinen verewigten. Nach einem Cappuccino im Ort des Hauptdorfes (300 Seelen) lichteten wir den Anker mit Kurs Messina.

Die Überfahrt verlief problemlos, bis auf eine merkwürdige Annäherung eines Fischers in den frühen Morgenstunden: der Kollege kam von Backbord, schwenkte nach Überqueren des Recht-voraus auf unsere Steuerbordseite und kam so auf uns zu, dass uns bangte, er würde uns rammen wollen. Was er tatsächlich wollte, wir wissen es nicht, er ließ immerhin von uns ab. Die Segelei war ansonsten eine Wohltat. Entspannt schipperten wir unter Code One dahin und übten uns mehr oder minder zielsicher in Kreuzpeilungen und dem Umgang mit dem Sextanten.

Gegen 8 Uhr morgens erreichten wir wie antizipiert die Straße von Messina, die wir ob der Windgeschwindigkeit von 3 ktn TWS motörend durchfuhren. Von Skylla und Charybdis verschont, dafür unterhalten von den Irrfahrten des Odysseus, erreichten wir um 10:30 Uhr die Marina de Neptuno, Messina. In Antizipation einer heiß ersehnten, fixen Dusche wurde das Boot fix aufgeklart und entsalzt, in Grüppchen die Stadt erkundet.

Messina ist als „Tor zu Sizilien“ eine Siedlung, die aus dem 8. Jh. vor Chr. stammt und architektonische Einflüsse aus Herrschaftszeiten von Römern, Arabern und Normannen aufweist, die allerdings durch Erdbeben und Weltkriege sowie die wirtschaftliche Förderung der Region sichtbar litt und leidet.

Herauszustellen sind die von einem Schüler Michelangelos gefertigten Neptun- und Orionbrunnen sowie die Kathedrale mit Normannischen Stilelementen, in der zum Zeitpunkt unserer Besichtigung gerade eine Hochzeit abgehalten wurde. Der 1933 nachträglich gebaute Glockenturm enthält die wohl größte mechanische Uhr der Welt und mit Mondphase, Sternbild, Datumsanzeige und Uhrzeit auch alles, was man sich so wünschen kann. Ein kleiner Teil der Crew eröffnete spontan einen Technoclub, der größere Teil versackte, nach erneutem abendlichen Stadtbummel, an Bord bei Pasta an Gorgonzola.

Am Vormittag des heutigen Tages (Sonntag, 07.10.18) erfolgte ein erneuter Aufreger, als nach erfolgtem Ableger plötzlich bei der Hafenausfahrt kein Kühlwasser mehr aus dem Auspuff kam. Die Relevanz der Segelklarheit wurde unterstrichen, als wir sofort den Motor ausschalten mussten und hurtig die Segel setzten – Abstände zu Uferbereichen sind irgendwie immer überraschend schnell überraschend klein.

Nachdem diese erste Gefahr gebannt war und wir zum Glück auch durch die guten Windverhältnisse Fahrt im Schiff hatten, ging die Fehlersuche los. Der Bootsmann überlegt, was kann es sein? Impeller, äußerer Kreislauf, innerer Kreislauf, was ist mit den Filtern, was wurde noch übersehen? Der Impeller fiel zunächst durch maximalen Zerstörungsgrad auf und wurde ausgetauscht, der Stand des inneren Kühlkreislaufes wurde kontrolliert und angepasst, der Wasserfilter überprüft. Danach fand eine erneute Funktionsprüfung des Motors statt: erneut ausbleibende Kühlwasserförderung. Was bleibt noch? Entweder irgendeine Zwischenstation irgendwo, wo man als Amateur nur schwer herankommt. Lösende Idee des Schiffers: Seewasserzulauf überprüfen! Und tatsächlich: dieser war verstopft, und zwar nicht durch irgendetwas, sondern durch einen kleinen Fisch, der sich zu seinem und unserem Übel ins Ansaugventil verirrt hatte.  Wie sagen die Angelsachsen? There is a first time for everything!

Fachmännisch wurde der Fremdkörper mit einem Kochlöffel vom Schiffer höchstpersönlich ins Reich des Neptun zurückbefördert. So lästig sie sind, umso schöner ist doch das Gefühl, wenn ein Problem gelöst werden kann! Die Bootsmannsausbildung kommt so auch auf ihre Kosten. Zur Belohnung wurde ein Spi-(Trocken-) Manöver angeschlossen. Da erste Versuche eines Manövers (bzw. dessen Vorbereitung) immer etwas länger dauern, kam am Ende des Vorbereitens der Wind aus der falschen Richtung und wir mussten sehr zum Missfallen von Wachführer Richard den Spi wieder wegpacken. Die Bootsmänner gaben sich am Nachmittag einem Pflichtspleiß hin, wobei zwei Schoten mit eingespleistem Softschäkel entstanden. Außerdem wurde die Sonne genossen, ein hervorragender Kuchen aus dem Café Ahrendt gereicht und die Minestrone vorbereitet.

Im weiteren Verlauf verließ uns der Wind vollständig, sodass 7 h unter Bronzefock zugebracht werden mussten, um unser Tagesziel Catania zu erreichen. Auf der anderen Seite: gut, dass die Maschine läuft!
Etwa eine halbe Stunde vor Ankunft wurde die Crew noch von einem sanften Starkregen zart, um nicht zu sagen komplett begossen. Im Hafen angekommen musste dann nur noch fast der Hafenwart bestochen werden, um nicht bei akut durchziehendem Gewitter mit Blitzeinschlag in unmittelbarer Umgebung aus dem Hafen geschmissen zu werden. Bienvenuto a Sicilia!
Nach allen Abenteuern des Tages freuen wir uns aufs Abendbrot (Minestrone), bevor am morgigen Tag, Montag, den 08.10. der Etna bestiegen und/oder die Kultur Catanias erkundet werden. Danach wird es wohl maximal einen weiteren Stop auf dem Weg nach Malta geben, wo wir am kommenden Donnertag landen wollen.

Wir schließen mit der Trilogie der erworbenen Weisheiten dieses Abschnittes der Reise:

1. Man lernt nie aus.

2. Sicherheitsvorkehrungen (Vorkochen in ruhiger See, Segelklar sein, Ankerklar sein) haben ihren Sinn.

3. Ein Fuffie in der Tasche kann Nächte retten!

Ciao á tutti e amore

Von Eurer Walross Crew

P.S.: Wer bis hier gelesen hat, Chapeau!

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