Geschrieben von am 5. September 2018

14. Eintrag - 2. September

Wenn Du denkst, Du kannst, dann denkst Du nur, Du kannst

Nach einer erneut sehr schwierigen Crew-Findung (weswegen die für morgen geplante Trimmfahrt jetzt auch abgesagt werden musste) haben sich heute gegen 11:00 Uhr dann doch ausreichend Menschen auf dem Schiff zusammengefunden, um mit mir eine der (hoffentlich) letzten Trimmfahrten zu bestreiten. Mit Karten im Gepäck, auf denen ein fleißiger Jungschiffer vor seiner Prüfung etliche Untiefen gekennzeichnet hatte, war mein heutiges Ziel, besonders enge Stellen (zwischen Lindwerder und dem Havelostufer [„Lindwerderenge“] und Imchen und dem Havelwestufer [„Imchenenge“] zu durchkreuzen. Außerdem hatte ich Lust auf Gennaker und mit dem heutigen Nordwind auch ideale Bedingungen für einen langen Gennakerkurs nach Süden Richtung Wannsee ... Ach ja, und rückwärts segeln wollte ich heute auch noch.

Mein Vertrauensschiffer, der mich über die heutige Trimmfahrt begleitete und bei dem ich am Freitag während einer Spaßfahrt mit etlichen „Nichtsegler*innen“ an Bord wahrscheinlich kein so gutes Bild abgeliefert habe, hatte sich natürlich auch schon ein paar Gedanken gemacht, womit er mir einen herausfordernden Tag bereiten kann. So sollte ich zum Start das Schiff mit Minimalbesatzung (3 ASVer*innen) vom Steg ablegen. Zum Glück ließ er mich geistig bei dieser Aufgabe nicht alleine und erläuterte mir ein mögliches Manöver. Dies tat er natürlich erst, nachdem er meinen Vorschlag wohl begründet und freundlich verbal „in den Müll katapultierte“. Wir ließen das Schiff also achteraus bis zum südlichsten Dalben unserer Steganlage treiben und drückten den Bug durch den von vorn kommenden Wind. Dieser drehte das Schiff weiter, sodass wir nach einiger Zeit quer zum Wind und mit dem Heck immer noch am Dalben lagen. Nun konnten wir die Segel setzen und endlich losfahren. Mein eigener Eindruck, dass wir zum achteraustreiben lassen wenigsten vier Personen gebraucht hätten, wurde mir im Nachgang bestätigt. Es hätte ohne diese Person nämlich ein Fender am Stegkopf gefehlt*.

Da wir ja alle Gennaker segeln wollten, war hierfür schon fast alles vorbereitet, sodass die Creweinteilung und das Durchsprechen der Manöver länger dauerten als das Anbauen des großen bunten Tuches. Bereits am südlichen Ausgang des Gemünds war es dann aber soweit und der Gennaker wurde gesetzt. Ein paar Halsen und gefühlt wenige Minuten später waren wir Höhe Lindwerder, und es gab das Kommando zum Bergen des Gennakers. Ich wollte ja schließlich durch die Lindwerderenge kreuzen. Das lief dann auch dank den Untiefen-Karten recht unspektakulär ab. Für meinen Trimmschiffer etwas zu unspektakulär, so dass er am Ende der Enge die Pinne für „gebrochen“ erklärte. Ich entschied mich für den einfachsten Weg direkt nach Westen zurück ins Fahrwasser, wurde daran allerdings mit einer über Bord geworfenen Boje gehindert. Ein fast endloses Rettungsmanöver wollte mir nicht recht gelingen und so hatte ich am Ende zwar die Boje, befand mich aber auf direkten Kurs zu einem Steglieger und einem davor stehendem Schild am Ufer von Lindwerder. Hier musste leider recht hart in die Pinne gegriffen werden, damit wir keine Souvenirs von der Insel mitnehmen.

Die nächste Aufgabe bestand darin, die Lindwerderenge ohne Pinne nach Süden, also vor dem Wind zu passieren. Auch hier konnte ich wieder viele Dinge lernen (obwohl ich bis dahin dachte, dass das Segeln ohne Pinne eher zu meinen „besseren“ Übungen gehört, aber man lernt ja nie aus.). In Fahrt will das Schiff nämlich mit „normalen“ Mitteln einfach nicht über den Halbwindskurs hinaus abfallen. Gut dass es da ja noch etliche weitere Möglichkeiten gibt (Beiboot an der Leeseite des Schiffes quer drücken, Fock back halten usw.)

Endlich wieder im freien Gewässer, mit heiler Pinne und voller Besegelung fiel dann auf einem Halbwindskurs die Lifeboje über Bord. Diese Sache muss ich wirklich nochmal üben. Ich hoffe, dass mir dazu noch mehr als eine Trimmfahrt bleibt. Das wird sich aber im Laufe der nächsten Woche zeigen. Ich bin gespannt und verbleibe mit dem Gefühl, dass das die erste nicht bestandene Prüfung meines Lebens werden könnte.

Irgendwie sind wir dann auch gar nicht zum Rückwärtssegeln gekommen. Naja.

Richard

P.S. Soooo viel steht im „Schiffervademecum“ (Stand 1995) übrigens auch nicht drin. Aber ein paar Feinheiten habe ich mir zumindest theoretisch erarbeiten können. Das heutige Lifebojemanöver zeigte jedoch, dass es noch deutlich an der Umsetzung zu hapern scheint.

* Beim Radfahren auf dem Heimweg ist mir dazu allerdings auch eine Lösung eingefallen. Man hätte am Stegkopf einen Fender fest anbinden können, den man dann wieder vor dem Abklappen des Buges entfernt.

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