Geschrieben von am 27. Juli 2018

Es ist Landgangstag, und einige wackere Crewmitglieder haben sich entschlossen, dem marokkanischen Hinterland einen Besuch abzustatten. Noch auf dem Weg zum Sammeltaxibahnhof sind wir uns nicht ganz sicher, wohin es gehen soll. Zur Auswahl stehen neben den Orten Assilah und Tétouan auch Chefchaouen. Chaouen heißt jedoch zwei Stunden Fahrt im Taxi. Und das flößt uns gehörig Respekt ein, denn bisher haben wir vor allem alte Mercedes-Benz 123er gesehen, die mit sieben Personen (davon drei! in der ersten Reihe) leicht überbelegt sind. Aber bisher haben uns alle Locals immer nur Xauen empfohlen. Vor Ort stellen wir dann erleichtert fest, dass die „Überlandfahrten“ mit modernen Dacias oder Renaults durchgeführt werden. Unsere Entscheidung steht: Es soll Ashawen werden! Sogleich wird der Schiffer vorgeschickt, in die Verhandlungen über den Fahrpreis einzusteigen. Bei 70 Dirham (ca. 6,50 €) wird man sich einig, die Reisenden teilen sich auf zwei Taxis auf, und die rasante Reise beginnt.

Immer der Ideallinie folgend, auf zweispurigen Abschnitten durchaus mal dreispurig dahin brausend und in Kreisverkehren gerade durchstechend geht es durch karge Steppe immer höher ins Altasgebirge. Eingebremst werden wir nur durch LKWs, die sich im Schrittempo den Berg herauf quälen. Aber auch hier haben die Fahrer eine praktikable Lösung. Unter Mitarbeit des Überholenden sowie des Gegenverkehrs wird kurzfristig eine Mittelspur geschaffen und weiter geht der Tiefflug mit quietschenden Reifen bergauf, bergab.

Nach knapp zwei Stunden tauchen am Horizont die ersten blauen Punkte auf, die minütlich anwachsen und letztlich zu Häusern werden. Unser Fahrer setzt zur Landung an und schon sind wir mittendrin. Die gebeutelten Gliedmaßen werden gestreckt und die ersten unsicheren Schritte führen uns in ein nahegelegenes Café, wo wir es uns bei Café au lait und frischem Minztee gut gehen lassen. An dieser Stelle muss auch die durchaus seefeste Toilette erwähnt werden, in der Thomsen jegliche Luft verdrängen konnte und selbst Celli ihren Kopf leicht senken musste.

Auf dem Weg zur Altstadt wird noch kurz ein Stopp beim Barbier eingelegt, damit sich Gomez und Carlo das Barthaar stutzen lassen können. Anschließend ging es durchs Stadttor in eine andere Welt. Enge und engste Gassen, die Fassaden blau getüncht und an allen Enden und Ecken Händler und Handwerker. Der Schiffer liess die Gelegenheit nicht aus, wieder sein Verhandlungsgeschick zu beweisen, und erstand vier Feigen für 10 Dirham. Beschämt vom Preis sah sich die Verkäuferin genötigt, ihm noch eine weitere Feige dazu zu packen. Von den bisherigen Tagesereignissen (und insbesondere von den Temperaturen) erheblich müde, entschieden wir uns, am besten Platz im Ort einzukehren. Mit einem herrlichen Blick von der Dachterrasse auf die Moschee und die Burg haben wir marokkanische Spezialitäten genossen. Anschließend ging es weiter die trockengelegte Pool-Landschaft zu erkunden.

Von der legendären Verhandlungsweise des Schiffers fasziniert wurde ihm eine antike bronzene Schale feilgeboten. Lag der anfängliche Preis noch bei 1300 Dirham, fiel der Preis gänzlich ohne sein Zutun auf erst 650 Dirham, und als er sich gänzlich unbeeindruckt zeigte, auf nur noch 200 Dirham. Von seinem eigenen Verhandlungserfolg etwas erschrocken entschied er sich gegen den Kauf.

Bevor unser Rückflug startete, haben wir noch einen Kurzbesuch beim örtlichen Bäcker absolviert. In einer Gasse, völlig unscheinbar, und nur durch den Geruch zu identifizieren haben wir leckere Baguette für den nächsten Morgen erstanden. Neben den 5 Dirham für vier Baguette wurden wir jedoch verpflichtet, noch jeder ein Foto vom Bäckermeister in seiner Backstube machen.

Auftritt OrtsgängerInnen (Tanger)

Zu viert begaben wir uns auf die Suche nach dem marokkanischen Leben abseits der Touristenströme. Bereits am Vortag fiel auf, dass die Zeit in der Medina anders zu ticken scheint als zwischen den Betontürmen der Neustadt Tangers. Als Fixpunkte des Ausfluges dienten ausgewiesene Sehenswürdigkeiten wie ein Bürgeramt oder ein vernageltes Kolosseum. Mit auffallend wenig öffentlichem Nahverkehr, aber dafür umso mehr Taxen glichen die autoverstopften Straßen beinahe einer x-beliebigen Großstadt. Nur die Shoppingcenter fehlten. Stattdessen ab und an Top-Moto-Rickschas, von denen Obst und Gemüse angeboten wurde. Ernüchtert von der gleichmacherischen Moderne aber mit Appetit auf einheimische Spezialitäten machten wir uns auf den Weg in Richtung Altstadt. Hochhäuser, Hotels, Bauruinen, Villen und neue Moscheen hinter uns lassend bewegten wir uns dem wesentlich bunteren Treiben der Medina zu. Je näher wir dieser kamen, desto mehr nahm der Autoverkehr ab und plötzlich war es wieder da: Leben auf der Straße, spielende Kinder, fliegende Händler, Tee-Häuser und Restaurants. In letzteren schmausten wir erneut vorzüglich und bekamen ganz ohne Handeln etwa 15% Rabatt - keine Ahnung, was die da gerechnet haben. Pünktlich zum ersten Gebet des Tages fanden wir uns in dem Richtung Mekka ausgerichteten geöffneten Fenster eines Gebetshauses wieder. Aus Angst für Propheten gehalten zu werden und vor allem der zunehmenden Hitze entfliehend, begaben wir uns in den Park westlich der Altstadt an der Atlantikküste. Hier war es schon beinahe kalt im Schatten. Dennoch taten uns die Gartenpflegearbeiter leid, die in langärmliger Arbeitskluft mit lautstarkem Gerät den Parkrasen bearbeiteten, ohne dass dieser sich sichtlich veränderte.

Wir begaben uns derweil zum Ursprung von Tanger, dem als Kasbah bezeichnete Stadtviertel. Auf der Suche nach nichts fanden wir recht schnell einen netten Begleiter, der uns zeigte, wo es es hier lang geht. Von ihm erfuhren wir auch, dass insbesondere Tanger eine sehr liberale Stadt sei und hier Frauen genauso angesehen sind wie Männer und warum in den Tee-Häusern dennoch nur Männer sitzen. Natürlich weil dort das Rauchen verboten ist. So ganz erschloss sich uns dieser Zusammenhang zwar nicht, aber immerhin zeigte er uns Ecken und Winkel von Kasbah, die uns alleine definitiv verborgen geblieben wären. So liefen wir mindestens 1,5 Stunden im Marschtempo durch dieses bezaubernde Viertel (welches auch in Teilen "Blaues Viertel" genannt wird). Wir hörten von Schriftstellerinnen und Seefahrern, sprachen über das friedliche Zusammenleben der Religionen und die Liebe unseres Stadtführers zu Pflanzen. Auf uns allein gestellt konnten wir wenig später das Stadtviertel innerhalb von 8 Minuten durchqueren, sahen aber quasi nichts von dem zuvor gezeigtem. Auch fanden wir die vielen angekündigten Darbuka-Konzerte nicht. Dafür spielte jemand auf einer Aussichtsplattform der Stadtbefestigung "Knocking on Heavens Door" in den Sonnenuntergang. Das war sogar Anita zu kitschig, die für dieses Mal auf dieses Naturereignis verzichtete.

Wiedervereint mit den ÜberlandfliegerInnen ging es zum Käpt'ns-Dinner

Nahezu pünktlich treffen beide Gruppen am verabredenden Ort zur verabredeten Zeit ein. Bereits am Vorabend hatten wir dieses Kleinod eines marokkanischen Restaurants entdeckt, mussten jedoch auf die Spezialitäten des Hauses verzichten. Denn die Zubereitung der Harira dauert etwas länger, und Couscous gibt es gar nur freitags. Doch für uns wird eine Ausnahme gemacht und so dürfen wir schlemmen, bis es uns zu den Ohren heraus kommt.

Anschließend bummeln wir zurück zur Marina und machen einen Abstecher zur Flaniermeile, um dann voll von Eindrücken und leckeren Speisen in die Kojen zu fallen. Morgen wollen wir früh starten - es geht zurück nach Europa und den Übergabehafen Cádiz.

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