Geschrieben von am 30. Juni 2018

24.06.2018 (Fortsetzung) - Hafenkino

Es wird ein wunderschöner Segeltag mit viel Sonne, halbem Wind, wenig Seegang. Ideal zur Eingewöhnung für die drei Neuen. Natürlich wieder einmal mit abwechselnd positivem und negativem Tidenstromeinfluss. Abends Ansteuerung Lézardrieux. Dazu fahren wir einen Fluss ca. 8nm aufwärts.

Seebären flussaufwärts

Vor Lézardrieux angekommen ist die Marina Léz leider belegt. Wir sorgen beim Versuch, an einem anderen Schiff längsseits zu gehen kurz für Hafenkino. Der nächste Kandidat für ein längsseits Anlegen gibt uns daraufhin freundlich zu verstehen, dass er morgens früh auslaufen möchte - zusammengefasst: "hier bitte nicht anlegen! Hab Angst vor euch!". Wir gehen an einen Schwimmponton mitten im Fluss, leider ohne Landanschluss. Aber für ein nettes Bordfest allemal wunderbar geeignet. Das natürlich erst nachdem wir uns mit einer Flasche Wein bei einem netten Briten für die vorige Aufregung entschuldigt haben.

Hafenkino-Plot

25.06.2018 - Piraten!

Hannes und Odi gehen mit dem Schlappen Willy an Land um Baguette, Bier und weitere Grundnahrungsmittel zu beschaffen. Unterwegs fallen sie einem Piraten in die Hände: der Hafenmeister knöpft ihnen trotz nicht vorhandenem Service 35 Euro ab. Trotzdem schmeckt uns das Frühstück, während wir den Fluss wieder abwärts gen Küste fahren.
Wieder unter Segeln mit Ziel Roscoff probieren die Garderobe durch: G3, Code One und Bärenspi dürfen alle nacheinander an die Sonne. So geht's mit abwechselnder Geschwindigkeit und unterschiedlichem Support durch den Tidenstrom in Richtung unseres heutigen Ziels.
Auch wenn wir erst sehr spät in Roscoff ankommen begrüßt uns ein sehr netter Wirt im neuen Hafenrestaurant. Er versorgt uns mit ausreichend Bier und Charcuterie und sichert sich am Ende noch ein Selfie mit der gesamten Crew.

26.06.2017 - Südsee oder was?

Entspanntes Erkunden von Roscoff. Der Botanische Garten direkt am Hafen ist sehr spannend und zeigt viel Seefahrerhistorie. Beim Anblick der Palmen, exotischen Pflanzen und indianischen Masken stellen wir uns vor, irgendwo in der Südsee gelandet zu sein. Bei ausgefallenem Kartenplotter und spontaner Demenz hinsichtlich astronomischer Navigation müssen wir - Brötchen-Navigation (also nach Ankunft Kauf von Brötchen, um durch den Aufdruck der Adresse auf der Tüte festzustellen, wo man wohl angekommen ist) einmal anders interpretiert - die geschnitzten fremden Zeichen auf Masken und Pfählen dazu verwenden, unseren Ort zu bestimmen. Hoppla, der Traum ist schnell zu Ende. Am Ausgang des Gartens könnten wir höchstens ein paar Pflanzen für den heimischen Garten erwerben.

Wir bekommen Besuch. Ein Geschäftspartner von Olivetti zeigt uns die ehemaligen Piratenhäuser an der Hafenpromenade. Die Kerle hatten es sich hier in herrschaftlichen Gemäuern nach königlicher Erlaubnis (eher Aufforderung) per Kaperbrief mit ihrem Anteil der Beute sehr gemütlich gemacht. Und zur Verteidigung wurden auch gleich Geschützöffnungen ins Mauerwerk eingebaut. Beeindruckend!
Thierry hilft uns noch bei den Besorgungen im nahegelegenen Supermarkt und der Fahrt der Einkäufe in den Hafen. Großartig! Er wundert sich nur über die Menge, die wir für drei verbleibende Tage Einkaufen.
Unser nächstes Ziel: Camaret. Dafür müssen wir ein wenig Planung machen. Zwischen uns und unserem Ziel liegt der Chenal du Four, die Enge zwischen dem französischen Festland bei Brest und der vorgelagerten Ile d'Ouessant. Dazwischen Tidenstrom von 4kn und mehr. Den wollen wir nicht auf den Kopf haben. Also Ankunft im Norden vor dem Chenal um 0700, damit wir mit dem Kippen des Stroms dort durch rutschen. Das wiederum heißt, um 2200 ablegen.
Wir legen bereits um 2100 mit Hilfe des Hafenmeisters schnell eine Sicherheitsleine auf die Heckklampe eines Schiffes der Royal Navy. Dessen Crew ist ausgesprochen hilfsbereit. Wir haben ordentlich auflandigen Wind quer zur Richtung unserer Box und wollen risikoarm den Hafen verlassen. Die Leine brauchen wir am Ende nicht, weil sich das Walross prima unter Maschine und mit der aufmerksamen Crew aus der Box manövrieren lässt. Nun also los in die Nacht.
Venus, Jupiter und Mond begleiten uns. Erneut unspektakulär aber wunderschön geht es an der bretonischen Küste gen Atlantik...

27.06.2018 - Timing ist alles...

Das Timing ist genial. Da wir am Anfang zu schnell sind und keinesfalls im Dunkeln und gegen den genannten Strom in den Chenal du Four einfahren wollen, rollt die Hundewache sogar die G3 weg. Bremsmanöver - eher ungewohnt für uns. Den Chenal erreichen wir um 0630. Kurz danach zündet der Tidenstrom den Nachbrenner und wir flutschen mit 12kn über Grund nach Süden.
Auf dem anschließenden Amwindritt und Aufkreuzen in die Avant Goulet de Brest Richtung Camaret geht Grinsen über die Gesichter mancher Crewmitglieder, insbesondere Henriks und Tobias - endlich mal etwas Dynamik hier. Das Timing passt weiterhin perfekt bis zum Anleger um kurz nach 1000. Dem Frühstück auf See folgt ein zweites im Hafen. Die zuvor von außen bewunderte Küste hat nun manchem Lust bereitet nach der Stärkung das eine oder alte dort befindliche Gemäuer aufzusuchen. Ganz Mutige werfen sich in das eiskalte Wasser am Strand. Zwischen gefühlten 45 Grad in der Sonne und 14,5 Grad im Wasser ist die Zeitspanne des optimalen Wohlfühlens irgendwie begrenzt.

So suchen wir zunächst nach flüssiger Stärkung und dann nach einem Pub mit Fußballübertragung. Wie üblich blendend gelaunt. Selbst das Gekicke - so ganz können wir die von Löws Gurkentruppe betriebene Sportart nicht identifizieren - trübt die Stimmung nur sehr kurz. Sicher auch durch die Mitleidsbekundungen der ansässigen Bevölkerung im gut besuchten Pub. Ein weiterer Trost erfolgt an Bord. Steuermann und Gourmetkoch Odi hat Coq-au-vin gezaubert. Womit haben wir uns das verdient?!

28.06.2018 - nur Fliegen ist schöner

Wieder frühes Aufstehen. Wir wollen kurz vor dem Morgen-Hochwasser Camaret verlassen und in die Biskaya segeln. Unser letztes Ziel auf dieser Reise zur Übergabe an Cutte und seine Crew: Lorient. Leinen los kurz vor sechs. Die Sonne geht langsam auf und es geht raumschots nach Süden. Die Manöver laufen ziemlich eingestaubt. Es muss wohl dringend ein ordentliches Frühstück auf die Back. Danach geht es allen wieder blendend.
0910 Raz de Sein passiert. Wir sind in der Biskaya und nähern uns dem Ziel. Bis der Wind sich komplett von uns verabschiedet. Also muss jene moralische Stärkung her. Hannes ist kaum zu halten und will unbedingt das Wohnzimmer unserer Außenbordskameraden besichtigen. Also Leine und Fender raus. Sorgleinen angebunden und Bademimik. Aufregend natürlich für die drei Unbefahrenen, sich bei 70m Wassertiefe in den Ozean zu trauen. Aber definitiv sehr positiv für die ohnehin schon gute Stimmung, die die gesamte Reise über an Bord herrscht.
Das Wasser ist allerdings zu kalt für langes Planschen und eine kleine Brise überrascht die Schwimmer mit der Erkenntnis, dass auch 1kn Fahrt das Schiff unerreichbar machen und die angewiesenen Sorgleinen eine Berechtigung haben.
Unter Motor geht es lange weiter. Wir wollen nicht mitten in der Nacht in einen unbekannten Hafen einlaufen, der zudem nach Seekarten und Reeds für uns zu wenig Wasser hat. Vom Hafenmeister haben wir jedoch die unbedingte Zusicherung, dass unsere 3m nach unten kein Problem darstellen.
Am späten Nachmittag setzt der NW wieder ein. Bei glattem Wasser folgt eine Rauschefahrt unter Code One am Wind. Ein prächtiges Segel, große Bandbreite hinsichtlich Windwinkel und Geschwindigkeit. Solange man keine Hemmung hat, das Vorliek nur ordentlich stramm zu fahren. Fabienne fährt als angehende Pilotin das Schiff nach PFD (Primary Flight Display) wie wir eine Seite auf den Multifunktionsdisplays nun nennen) nicht nur perfekt im Korridor, sondern exakt auf der Centerline von Wegpunkt zu Wegpunkt und hat sichtlich Spaß.

Primary Flight Display

Eine halbe Stunde vor der Ansteuerung Lorient haben wir bereits mehr als 20 kn scheinbaren Wind, sodass auch die G3 nochmal ihren Dienst antreten muss. Zwischenzeitlich bekommt der Schiffer eine überraschende SMS von einem nicht im Telefon gespeicherten Kontakt. Bundesbruder Jörg Z. möchte uns besuchen. Wir nennen ihm unser ETA und laden ihn freudig ein.
Der kräftige Wind am späten Nachmittag hat den Nachteil der langen Flaute und Motorfahrt davor mehr als wettgemacht. Wir erreichen die Marina Lorient, mitten in der Stadt, deutlich früher als zwischenzeitlich befürchtet um halb Zehn. In der Abdeckung der Bebauung herrscht nun fast Flaute und wir können uns langsam in den Hafen tasten. Eine gewisse Unsicherheit ob der Tiefe herrscht natürlich immer noch. Alle Sorge blieb unbegründet. Wir liegen zunächst sicher längsseits an einem ähnlich großen Schiff, nachdem uns trotz später Stunde noch ein sehr gut gelaunter und bestens informierter Mitarbeiter des Hafenmeisters beim Anlegen zur Hand geht und uns nochmals hinsichtlich der Wassertiefe beruhigt. Er zeigt uns auch den endgültigen Liegeplatz für den nächsten Tag, direkt am Steg, um den Olivetti angesichts der bevorstehenden Übergabe und dem damit verbundenen Land-Schiff-Verkehr gebeten hatte. Das Ganze geht allerdings nicht ohne Frotzeln über die fußballerische Lage in Russland, kombiniert mit viel Gelächter ab.
Jörg steht wie angekündigt am Steg und wir bitten ihn schnell an Bord. Natürlich plaudern wir viel über das Erlebte und alte Zeiten und nehmen Grüße an seine alten Weggefährten (die sich hier bereits angesprochen fühlen dürfen) mit. Dann hilft er den vor Hunger sterbenden jungen Crewmitgliedern, die nächste Pizzeria aufzusuchen und dort 10 Packungen des italienischen Fladens zu kaufen. Gepaart mit Jörgs mitgebrachtem Cote du Rhone perfekt! Spät verlässt Jörg uns wieder und wir fallen müde in die Kojen.

29.06.2018 - Check Out

Die verschlafene Bande kommt auch am letzten Tag - mit wenigen Ausnahmen - nur spät in die Gänge. Aber selbstverständlich genießen wir auch das letzte gemeinsame Frühstück an Bord ganz besonders. Das Putzen und Räumen sowie kleinere Reparaturen nehmen dann mehr Zeit als geplant in Anspruch. Und so fällt leider der touristische Teil des Programms aus. Ein wenig schade, dass wir das U-Boot-Museum und das Museum zur Geschichte des Segelns nicht mehr schaffen. Sei es drum - eine wunderschöne Reise mit unglaublich guter Stimmung geht zu Ende.
Abends besuchen uns Cutte und Bodo von der Folgecrew. Nach der Übergabe genießen alle gemeinsam noch ein leckeres Abendessen und das anschließende Bordfest bevor Cutte und Bodo ihr Hotel und wir ein letztes Mal unsere Kojen aufsuchen.

Schöne Seereise ex!

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